Ulrike Schweikert – Nosferas. Die Erben der Nacht

Eindruck vor dem Lesen und Erwartungen

Irgendwie hat mich dieses Buch aus dem Regal angeguckt. Ich bin nicht ganz sicher warum. Zwei Male hatte ich es sogar in der Hand. Und habe es dann wieder zurückgestellt. Denn die Klappentexte sagen mir doch nicht so wirklich zu. Aber das Buch hat mich weiter angeguckt. Und deshalb werde ich es jetzt, wo ich es zum dritten Mal in der Hand habe, einfach lesen. Egal was die Klappentexte sagen.
Hier sind sie:

„Vier Blutjunge Vampire, ein kaltblütiger Jäger – und eine mörderische Verschwörung in der ewigen Stadt!
Europa, 1877: Die Macht der letzten großen Vampir-Clans ist am Schwinden. Um das Überleben der Vampire zu sichern, beschließen die Altehrwürdigen, ihre Nachkommen fortan gemeinsam auszubilden. Beim römischen Clan der Nosferas sollen die Erben der Nacht von den Fähigkeiten der anderen lernen und so zu ihrer einstigen Stärke zurückfinden. Doch in den düsteren Katakomben der Ewigen Stadt lauert ein schrecklicher Feind…“

Der Klappentext klingt übrigens ziemlich spannend, wie ich finde. Der war es nicht, der mich dazu gebracht hat das Buch zurück ins Regal zu stellen. Hier ist der zweite:

„Ende des 19. Jahrhunderts stehen die letzten Vampire kurz vor dem Untergang. Ihnen bleibt nur eine Hoffnung: Ihre Nachkommen müssen sic auf das Erbe der Nacht besinnen und die Clans zu ihrer einstigen Größe und Macht zurückführen. Um den Auftrag ihrer Altehrwürdigen zu erfüllen, reisen die jungen Vampire aus ganz Europa zu den Nosferas nach Rom, wo sie lernen sollen, sich gegen Kirchenzauber jeder Art zu immunisieren. Doch schon bald kommt es zu rätselhaften Mordfällen im italienischen Clan. Ein Vampirjäger geht um. Als sich Alisa vom Clan der Vamalia und der schöne, aber arrogante Dracas Franz Leopold auf seine Fährte setzen, stoßen sie auf den Zirkel der roten Masken und eine blutige Verschwörung…
Vor der prächtigen Kulisse des unterirdischen Rom verstrickt Ulrike Schweikert ihre Leser in ein opulentes Vampir-Drama um Intrigen, Verrat und eine Romanze wider jede Vernunft.“

Und da ist es.. vielleicht habe ich auch nur Vorurteile. Aber „eine Romanze wider jede Vernunft“ nervt mich oftmals in Büchern. Aber mal sehen. Eigentlich klingt es ja spannend und ich habe lange nichts mehr mit Vampiren gelesen. Und solange diese Vampire nicht anfangen zu glitzern…

Außerdem steht da über die Autorin, dass sie das Genre der historischen Romane meisterhaft beherrschen würde. Und ich mag historische Romane. Mit ein bisschen Fantasy gemischt sind sie oft besonders gut.

Rezension

4,4 Sterne

Handlung  ★★★★

Die Handlung beginnt direkt spannend und auch geheimnisvoll. Diese Spannung und das Geheimnisvolle zieht sich durch das gesamte Buch. Die Perspektive wechselt hin und wieder zwischen den Charakteren, auch wenn es meistens aus der Sicht der jungen Vampirin Alisa erzählt wird. Doch gerade durch diese gelegentlichen Wechsel werden mehr Geheimnisse angedeutet, denen man als Leser gerne auf den Grund gehen würde. Doch obwohl das Buch eigentlich durchgehend spannend ist, kommt die Handlung ansich nur langsam in Gang. Die größten Abenteuer der jungen Vampire beschränken sich auf die letzten paar Seiten und dann ist das Buch viel zu schnell vorbei.
Sehr gut gefällt mir auch die Darstellung der Vampire. Ihre Wunden brauchen ein wenig bis sie heilen, sie können bluten. Und sie können altern. Jedenfalls die sogenannten reinblütigen Vampire. Die nicht-reinblütigen, die Vampire, die einst Menschen waren, können das anscheinend nicht. Einzig eine Frage wurde mir in dem Buch nicht beantwortet: Wer sind die Eltern? Die Vampire haben Geschwister, Onkel, Tanten und Großeltern. Aber Eltern werden nie erwähnt. Allerdings wurde auch noch nicht geklärt wie Vampire eigentlich Nachwuchs bekommen. Vielleicht klärt sich dies ja in einem der Folgebände. Wenn es Großeltern gibt, müsste es ja eigentlich auch Eltern geben.

Charaktere ★★★★

Man nehme ein Mädchen mit einem Wolf und ich bin glücklich. Nein, natürlich reicht das alleine nicht aus, aber einen dicken Pluspunkt gibt es dafür auf jeden Fall. Auch die anderen Charaktere sind gut und sehr vielseitig. Die Hauptperson Alisa gefällt mir ebenfalls sehr, da ich doch eine Vorliebe für weibliche Charaktere habe, die sich nicht in Schubladen stecken lassen und Hosen bevorzugen. Ein wenig nervt mich jedoch Alisas Sturheit und Unbelehrbarkeit wenn es um den Umgang mit Franz Leopold gibt. Er ist zwar wirklich nicht als nettester Charakter beschrieben, dennoch finde ich Alisas dauerhafte sofortige Ablehnung anstrengend. Ich habe ja gar nicht dieses „aus Feinden werden Freunde“ erwartet. Aber ein wenig charakterliche Weiterentwicklung hätte ihr da durchaus gut getan.
Schön finde ich auch wie die Autorin reale historische Personen eingebaut hat. „Gaststars“ nennt sie diese und hat hinten im Buch kurze Texte über sie bereitgestellt.  Die Szene mit Bram Stoker und Oscar Wilde wirkt ein wenig konstruiert, bringt einen aber dennoch zum Schmunzeln.

Setting ★★★★★

Das Buch wirkt durchgehend gründlich recherchiert. Mit vielen historischen Fakten, die aber unauffällig in die Handlung gestreut werden, schafft es die Autorin einen in die Mitte des 19. Jahrhunderts zu entführen. Sie fängt den Zeitgeist ein und zeigt den Lesern auch die politischen Konflikte und neusten Errungenschaften der Zeit. Die Domus Aurea ist toll gewählt als Rückzugsort der Vampire.

Schreibstil ★★★★★

Das Buch ist sehr gut geschrieben. Die Autorin schafft es detaillierte und anschauliche Beschreibungen zu liefern ohne die Handlung in die Länge zu ziehen.

Meinung nach dem Lesen

Eine tolle Mischung aus historischem Roman und Fantasy. Die Autorin schafft ihr eigenes Bild von Vampiren: Zwar treffen die üblichen Eigenschaften (Blutdurst, spitze Zähne, vertragen kein Sonnenlicht, kein Silber und keine kirchlichen Dinge, usw.) auch zu, doch heilen zum Beispiel Verletzungen nicht sofort. Sie können tatsächlich bluten! Und sie altern. Alles ein wenig anders als bei Menschen natürlich. Das macht die Vampire in diesem Buch verletzlicher und den Menschen weniger überlegen, was für einiges an Spannung sorgt.
Die Autorin fängt die Zeit in Europa um 1877 sehr anschaulich ein. Für alle, die mit manchen Begriffen nichts anfangen können, gibt es hinten im Buch Erklärungen. Hier findet man auch kurze Texte zu den realen historischen Personen, die im Buch vorkommen.
Das Buch war anders als ich es erwartet hatte. Die Klappentexte sind, kurz gesagt, eher mies. Aber das macht gar nichts, denn das Buch hat meine Erwartungen übertroffen. Vielseitige und teils sehr interessante Charaktere, viele Geheimnisse und Andeutungen, fast durchgehend spannend. Die „Romanze wider Vernunft“ war nicht so ausgefeilt und ich bin mir auch ehrlichgesagt nicht ganz sicher welcher Ansatz das nun gewesen sein sollte. Aber genau dieser Ansatz sowie viele andere Dinge geben sehr viel Stoff für Fortsetzungen her. Auch wurden noch lange nicht alle Geheimnisse gelüftet. Früher oder später wird wohl Band 2 bei mir einziehen müssen.

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