Eindruck vor dem Lesen und Erwartungen
Das Buchcover ist eher schlicht, aber dennoch ansprechend. Grau/weiß gehalten, mit der schwarzen Silhouette eines Mädchens und einigen Vögeln. Dazu ein Ast mit Beeren. Vielleicht trägt der Titel dazu bei, aber auf mich wirkt es winterlich. Und dadurch, dass man das Mädchen nur als schwarze Silhouette sieht, hat es für mich auch etwas Geheimnisvolles. Das Buch hat zwei Klappentexte, einen hinten auf dem Buch und einen vorne im Buch. Beide klingen wirklich spannend:
Eine alte Legende, ein dunkles Reich unter der Erde und eine unmögliche Liebe
Die 18-jährige Liesl hat früh gelernt, die Nacht zu fürchten, in der das alte Jahr stirbt. Sie ist mit der Sage um den faszinierenden wie schrecklichen Erlkönig aufgewachsen, der in jeder Nacht auszieht, um ein Mädchen zu stehlen und es zu seiner Braut zu machen. Als ein unheimlicher, gut aussehender Fremder auftaucht und Liesls Schwester entführt, wird Liesls schlimmste Befürchtung wahr. Ihr bleibt keine andere Wahl, als dem Erlkönig in sein dunkles Reich zu folgen, denn nur sie kann ihre Schwester noch retten…
Klappentext im Buch:
An jenem Tag, an dem das alte Jahr stirbt und die Grenze zwischen den Reichen der Kobolde und der Menschen verwischt, wandelt der Erlkönig durch die Welt der Sterblichen, auf der Suche nach einer Braut. Diese muss ihm in sein Reich unter der Erde folgen, den König ehelichen und sterben – denn nur durch ihren Tod wird die Wiedergeburt des neuen Jahres gewährleistet.
Seit ihrer Kindheit kennt die 18-jährige Liesl die Sage um den unheimlichen, faszinierenden Erlkönig. Als ein mysteriöser Fremder auftaucht und Liesls Schwester entführt, weiß Liesl: Nur sie kann ihre Schwester noch aus den Fängen des Erlkönigs befreien, indem sie ihm in sein Reich folgt und ihn anstelle ihrer Schwester selbst heiratet. Doch wer ist dieser geheimnisvolle Mann? Während Liesl noch versucht, ihre Gefühle zu verstehen, arbeiten die alten Gesetze der Unterwelt bereits gegen sie…
Was ich erwarte?
Ein spannendes Fantasy-Buch. Und auch eine Liebesgeschichte. Und eine eigene Auslegung/Verarbeitung von Legenden. Der Erlkönig ist ja nichts, was sich die Autorin ausgedacht hat. Ich weiß nicht viel über Erlkönig Legenden, ich kenne in erster Linie Goethes Ballade. Vielleicht werde ich mich, wenn ich Zeit habe, dahingehend mal ein wenig informieren.
Rezension
4,5 Sterne
Dieses Buch war völlig anders als erwartet. Ja, es war mystisch, ein spannendes Fantasy-Buch. Irgendwie auch eine Liebesgeschichte. Aber vor allem ging es in diesem Buch um Musik. Das hatte ich nicht erwartet. Musik spielt nicht nur eine große Rolle in der Handlung, Musikbegriffe werden auch benutzt um Dinge zu beschreiben, Musik wird als Sprache genutzt, als Verständigung und als Werkzeug. Im Großen und Ganzen dreht sich alles um Musik und das ist sowohl überraschend als auch, für mich als Musikerin, Musikwissenschaftlerin und einfach Musikliebhaberin, toll.
Ich habe versucht, einiges über den musikalischen Hintergrund der Autorin herauszufinden. Aber viel mehr, als dass sie Mozart verehrt und das Buch zunächst eine modernere Version der Zauberflöte werden sollte, konnte ich nicht herausfinden. Sie liebt offensichtlich Musik, woher ihr Hintergrundwissen dazu stammt, weiß ich nicht. Würde ich aber gerne wissen.
Sie hat anscheinen auch eine Verbindung zum Deutschen – laut ihrer Homepage sammelt sie deutsche zusammengesetzte Wörter 😀 Ihr Blog ist auf jeden Fall einen Besuch wert! : http://sjaejones.com/
Handlung ★★★★
Das Buch beginnt mit einer Art Prolog, der hier Ouvertüre heißt. Diese Ouvertüre beginnt wie ein Märchen mit „Es war einmal…“. Auch wenn das typische Ende für ein Märchen fehlt, so hat das Buch doch etwas von einem Märchen. (Es soll im Februar ein zweiter Band erscheinen, vielleicht bekommt er ja das Märchenende?)
Die Handlung gefällt mir gut, wie bereits erwähnt, geht es sehr viel um Musik. Es geht aber auch um Legenden und Märchen und um Liebe. Nicht nur um die typische Liebesgeschichte zwischen einem Mann und einer Frau, sondern auch um die familiäre Liebe. Und um die Liebe zur Musik.
Die Handlung ist spannend und hält immer wieder Überraschungen bereit, sie ist nur selten vorhersehbar.
Dass die Handlung von mir trotzdem nicht die volle Anzahl an Sternen bekommt, liegt daran, dass man zwischendurch das Gefühl hat, dass sie sich ein wenig im Kreis dreht. Immer wieder drehen sich die Gespräche zwischen Liesl und dem Erlkönig um dasselbe Thema, und die Beziehung zwischen den Beiden hängt lange fest, wie es scheint. Wie gesagt, es dreht sich etwas im Kreis und das nimmt zwischendurch leider ein wenig die Spannung.
Charaktere ★★★★
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und sehr Vielschichtig, was toll ist. So entdeckt man als Leser an jedem Charakter immer wieder neue Seiten, an dem Erlkönig, an Liesl und sogar an Liesels zunächst so oberflächlich scheinender Schwester Käthe.
Man findet an jedem etwas sympathisches und etwas unsympathisches. Alles wird so beschrieben, dass man irgendwie auch die unsympathischeren Charakterzüge nachvollziehen kann. Und doch bleibt jeder Charakter auch ein wenig mysteriös, immer wenn man gerade denkt, dass man als Leser jetzt einen Charakter vollständig „kennengelernt“ hat, taucht eine neue Facette auf.
Setting ★★★★★
Das Setting ist gut gewählt. Es spielt irgendwo auf dem Lande, vermutlich in Österreich. Vielleicht wurde es erwähnt, in welchem Land genau, vielleicht habe ich das überlesen oder wieder vergessen. Es ist interessant, wie eine Amerikanische Schriftstellerin so glaubhaft eine in einem deutschsprachigen Land spielende Geschichte schreiben kann.
Und dann spielt ein Großteil des Buches natürlich in der Unterwelt, die bis ins kleinste Detail beschrieben ist. Als Leser kann man sich diese Unterwelt sehr gut vorstellen.
Auch die Zeit wird gut eingefangen und dargestellt. Die eher unterdrückte Frauenrolle, in die sich Liesl zwar einfügt, die sie aber in ihrem Inneren nicht möchte. Dass es nicht gerne gesehen wird, wenn man als Frau komponiert. Und so weiter.
Schreibstil ★★★★★
Dieses Buch wurde ursprünglich auf Englisch geschrieben, deshalb kann ich leider nichts zum Schreibstil der Autorin sagen. Aber der Schreibstil der Übersetzung ist toll. Mitreißend. Es lässt sich schnell und leicht lesen. Und, wie bereits bei den Charakteren erwähnt, ist vieles so beschrieben, dass man es als Leser einfach nachvollziehen kann. Man könnte in diesem Buch vermutlich sehr ausgiebig nach Stilmitteln suchen. Ich habe nicht gezielt gesucht und doch vielen mir einige immer wieder auf, vor allem die Musikvergleiche und Trikolons. Leider habe ich es versäumt, entsprechende Stellen im Buch zu markieren und nun finde ich sie nicht wieder. Vielleicht finde ich später mehr Zeit und kann diesen Abschnitt mit ein paar Textbeispielen erweitern.
Meinung nach dem Lesen
Mir gefiel das Buch wirklich gut. Ich hatte von der Handlung her etwas ganz anderes erwartet und so war ich zunächst wirklich überrascht. Allerdings nicht negativ, sondern ganz im Gegenteil. Toller Schreibstil, spannende Charaktere und auch eine spannende Handlung. Einziger Kritikpunkt: Die Handlung scheint sich leider manchmal ein wenig im Kreis zu drehen.
Toll finde ich auch, dass es in diesem Buch so sehr um Musik geht. Wen das jetzt abschreckt: Keine Sorge, hinten im Buch sind die wichtigsten Begriffe erklärt. Eins muss ich jedoch berichtigen: Ein Violoncello ist nicht der Vorgänger des Cellos. Ein Violoncello ist ein Cello. Cello ist die Kurzform.
Und sowieso, man muss sich mit Musik nicht großartig auskennen, um die Handlung des Buches zu verstehen und zu mögen. Für die, die sich mit Musik auskennen, ist es ein netter Zusatz, für alle anderen ist es einfach ein wirklich gutes Fantasy-Buch. Wer also Fantasy und alte Legenden mag und wer nicht unbedingt auf das typische Happy End besteht, der sollte dieses Buch auf jeden Fall lesen.
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